Eine Backtradition ging zu Ende

Am 29. Mai 2021 ging in Eggermühlen eine traditionsreiche Handwerksgeschichte zu Ende. Die Bäckerei Meyer schloss ihre Pforten. Viele Kunden werden die Kuchen- und Brotspezialitäten vermissen und ihnen nachtrauern. Das legendäre Schwarzbrot aus Eggermühlen, die von Meisterhand gebackenen und verzierten Weggen- und Kilmerstuten, Meyers „Schweineohren“ und Tortenkreation, all diese Spezialitäten lockten Kunden aus dem gesamten Altkreis viele Jahrzehnte lang Woche für Woche nach Eggermühlen. In den Schilderungen von Firmeninhaber Johannes Meyer schwingt bei unserem Besuch eine gehörige Portion Wehmut mit. Gemeinsam mit seinem Bäckerteam und einigen Angestellten führte der 68jährige seit 34 Jahren die Backstube und das angrenzende Lebensmittelgeschäft. „Bereits mein Urgroßvater Bernhard Meyer, der die Wassermühle 1870 von Baron von Boeselager gepachtet hatte, backte damals Schwarzbrot. Obwohl er den Beruf des Müllers ausübte und kein Bäcker war, war sein Schwarzbrot bei seiner Kundschaft sehr beliebt“, erzählt Johannes Meyer. Das Rezept und die Beliebtheit des kernigen Brotes finden noch heute viele Anhänger. Bis vor wenigen Jahren wurde zwei Mal in der Woche jeweils 325 Kilogramm gebacken. 

Am 27. April heizte Johannes Meyer seinen antiken Backofen noch einmal für die letzte Schwarzbrot-Backaktion

Am 27. April heizte Johannes Meyer seinen antiken Backofen noch einmal für die letzte Schwarzbrot-Backaktion

Stefan Krümberg, Ruth Spieker und Johannes Meyer backen das letzte Schwarzborot

Stefan Krümberg, Ruth Spieker und Johannes Meyer backen das letzte Schwarzborot

Aufgrund der Vielfalt der Brotsorten, etwa 20 Varianten sowie diverse Brötchensorten hatte Meyer in den Auslagen, sowie den geänderten Essgewohnheiten der Kundschaft, reduzierte sich die Schwarzbrotmenge in den letzten Jahren. Alle vier Wochen haben zum Schluss wir noch 150 Kilogram des deftigen Roggenbrotes gebacken, so der Bäckermeister. Neben dem vielfältigen Brotsortiment waren es vor allem auch die „süßen Backwaren“, die den Namen „Möller Meyer“ bekannt gemacht haben, weiß Bäckermeisterin Ruth Spieker. Ab 1987 absolvierte sie bei Meyer eine Ausbildung zur Bäckerin. Die saisionalen Rührteigschnitten, das Dauergebäck, die „Schweineohren“ aus mit Schokolade überzogenen Blätterteig und vor allem die kreativen Torten waren unsere Renner. Handgemacht und handverpackt galten auch Meyer Spekulatius, die in der Vorweihnachtszeit gebacken wurden, als Verkaufsschlager. 

Bäckereimeisterin Ruth sorgte mit Ihren Kollegen für leckere Backwaren

Bäckereimeisterin Ruth sorgte mit Ihren Kollegen für leckere Backwaren

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Die Welt dreht sich weiter

Viele hundert Weggen- und Kilmerstuten in unzähligen Varianten und kunstvollen Schriftzügen gingen aus Meyers Backstube in alle Himmelsrichtungen. An manchen Wochenenden waren es bis zu 20 Weggen, die wir hier produziert haben, fügt Stefan Krümberg hinzu. Seit 22 Jahren gehört der Ankumer zum Bäckerteam. Die Welt dreht sich zwar weiter, aber mit der Schließung einer der letzten Handwerksbäckereien, verliert die Region einen Anlaufpunkt für handgemachte Backspezialitäten, weiß Christa Geers. 43 Jahre war die Einzelhandelskauffrau aus Eggermühlen bei der Bäckerei Meyer beschäftigt.

Die Belegschaft vor der zum letzten mal gut bestückten Kuchentheke, v.l. Johannes Meyer, Ruth Spieker, Irena Strack, Anna Arzich, Stefan Krümberg, Christa Geers, Waltraud Feldker, Monika Klune

Die Belegschaft vor der zum letzten mal gut bestückten Kuchentheke, v.l. Johannes Meyer, Ruth Spieker, Irena Strack, Anna Arzich, Stefan Krümberg, Christa Geers, Waltraud Feldker, Monika Klune

An die „neue Freiheit“ nach der Schließung unseres Geschäftes, muss ich mich sicherlich erst einmal gewöhnen, resümiert Johannes Meyer. mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Nach vier Generationen sei das schon ein emotionaler Schritt. Die fehlende Geschäftsnachfolge und die Eröffnung eines neuen Edeka-Marktes Mitte Juni in Eggermühlen, haben mich darin bestätigt, nun einen Schlussstrich zu ziehen. Seiner an Multiples Sklerose erkrankten Frau Maria und seinem Unimog, an dem er gerne herumbastelt, kann er jetzt mehr Zeit widmen.




Müllertradition seit fast 900 Jahren

Weit in die Geschichte zurückverfolgen lässt sich das Gewerbe der Müllerei in Eggermühlen. Schon aus einer Urkunde des Jahres 1134 geht das Vorhandensein von mindestens zwei Wassermühlen zurück.

Bernhard Meyer

Bernhard Meyer

1858 Jahren trat Bernhard Meyer als Müllerknecht in den Dienst des Freiherrn von Boeselager. 1870 heiratete er Maria Billenkamp, die Tochter des Bäckers Billenkamp aus dem Ankumer Oberdorf (neben der alten Küsterei) übernahm er als Pächter die untere der drei Wassermühlen am Eggermühlenbach.

Johannes Meyer

Johannes Meyer

Sein Sohn Johannes modernisierte 1925 den Betrieb. Er war verheiratet mit Elisabeth Husmann aus Hastrup. Das Wasserrad, welches bis dahin die Mühlentechnik antrieb, wurde durch eine Francis-Turbine ersetzt.

Bernhard Meyer

Bernhard Meyer

Desen Sohn, Bernhard Meyer führte das Unternehmen bis 1987 weiter. Verheiratet war er mit Käthe Kleinbernds aus Voltlage. Bernhard Meyer baute Bäckerei und Lebensmittelhandel weiter aus. Da Bernhard Meyer Müllermeister aber kein Bäcker war, sorgte Josef Freese für die Erweiterung und den Ausbau des Backwarensortimentes. Ihm folgte in den 1980er Jahren Bäckermeister Hermann Hermes aus Ohrte. Im Jahre 1980 sowie 1995 erfolgten umfangreiche Um- und Anbauten. Im Betrieb betätigte sich auch Bernds Bruder Hermann. Bis 2002 war er für die Schweinewaage verantwortlich. Viehhändler aus der Region ließen hier ihr Vieh, das sie von den umliegenden Bauern holten wiegen, bevor es in die Schlachtereien transportiert wurde. Meyers Schwester Finchen war für den kaufmännischen Bereich der Bäckerei und des Lebensmittelladens zuständig.

Johannes Meyer

Johannes Meyer

In der vierten Generation leitete Johannes Meyer den Bäckereibetrieb bis Mai 2021. Verheiratet ist er mit Maria Iding aus Druchhorn.