Als die Räder laufen lernten

Mühlentag gewährt Einblicke in die Fahrradgeschichte

ahrhunderte nachdem die Technik des „sich drehens“ bei Wind- und Wassermühlen längst Routine war, sann der Mensch darüber nach, derartige Kräfte für die eigene Fortbewegung zu nutzen. Das Fahrrad, das in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag feiert, steht am Pfingstmontag im Mittelpunkt einer Ausstellung anlässlich des Deutschen Mühlentages bei der Wöstenesch-Wassermühle in Eggermühlen im Norden des Landkreises Osnabrück.

Hoch hinaus mussten Fahrradfahrer vor 150 Jahren, wenn sie auf dem Sattel eines Hochrades Platz nehmen wollten. Respekt zollt der Vorsitzende des Heimatverein Theo Schulte dem Mut der früherer Hochradfahrer.

Hoch hinaus mussten Fahrradfahrer vor 150 Jahren, wenn sie auf dem Sattel eines Hochrades Platz nehmen wollten. Respekt zollt der Vorsitzende des Heimatverein Theo Schulte dem Mut der früherer Hochradfahrer.

Vor fast genau 200 Jahren, am 12. Juni 1917 war es, als Karl Freiherr von Drais mit seiner zweirädrigen Laufmaschine die 15 Kilometer lange Strecke von Mannheim zu der kurfürstlichen Sommerresidenz in Schwetzingen in weniger als einer Stunde zurückgelegtlegte und damit den Grundstein für die Entstehungsgeschichte des heute modernen und wieder populären Fahrrades legte. Drais hatte seine Erfindung bereits 1918 patentieren lassen und damit Nachbauern einen Riegel vorgeschoben. Ein halbes Jahrhundert sollte es dauern, bis bei der Pariser Weltausstellung 1867 ein französischer Kutschenbauer eine Tretkurbel an das Vorderrad anbrachte. Der geringe Radumfang und damit fehlende Übersetzung hatten allerdings dazu geführte, dass man den Durchmesser des Vorderrades vergrößerte, um so höhe Geschwindigkeiten erreichen zu können. Auf Stahlfelgen gezogene Speichen verringerten zudem das Gewicht. Der hohe Schwerpunkt und die damit verbundene immense Sturzrate bei Hochradfahrern führte abermals zu einer Weiterentwicklung. Zwei gleich große Räder, Kettenübersetzung und der um 1900 von Dunlop entwickelte Luftreifen sorgten schließlich für den Durchbruch. Der „Diamant-Rahmen“, der auch heute noch das Grundgerüst vieler Fahrräder bildet, setzte sich durch.

Auf Bilder und Schautafeln sowie anhand einer Reihe von 100 Jahre alten Fahrrädern können Besucher am Pfingstmontag eintauchen in die Zeit „als die Räder laufen lernten“. Als Kontrastprogramm stellt das Nortruper „Radhuus“ ein hypermodernes E-Bike als Leihgabe zur Verfügung. In Deutschland steht das Fahrrad mit 73 Millionen Exemplaren gegenüber 43 Millionen Autos bei den Fortbewegungsmitteln auf Platz.

Noch in den 1950er Jahren fuhren viele Frauen täglich mit dem Fahrrad zum Melken auf die Weide.

Noch in den 1950er Jahren fuhren viele Frauen täglich mit dem Fahrrad zum Melken auf die Weide.

Mit der kleinen Ausstellung möchte der Heimat- und Verkehrsverein aber auch Erinnerungen an das Fahrrad wachrufen, das noch vor wenigen Jahrzehnten, sei es für Fahrten zum Melken auf die Weide oder für sonntägliche Verwandtenbesuche, das Transportmittel schlechthin darstellte. Heute steht der Freizeitgedanke bei Radfahrern an erster Stelle.

Kinder können beim Mühlentag in Eggermühlen allerdings nicht nur die Größe einer Hochrades bestaunen. Mit seinem Bauwagen und einer Fülle interessanten Spielmöglichkeiten ist die Kreisjugendpflege bei der Wassermühle zu Gast. „Bollerwagen-Internäschenel“ zeigt auf dem Gelände einige seiner Bollerwagen-Highlights. Auch ein Stuhlflechter, eine Porzellanmalerin und ein holländischer Trödler demonstrieren ihre Künste. Neben dem „Eggermöhlener Kartuffel Pannekaoken“ bereichern erstmals auch Chicken Nuggets und Pommes den Mittagstisch. Für eine Dokumentation des Deutschen Mühlentages ist Eggermühlen in diesem Jahr einer der Drehorte. Von 13.15 bis 14.30 Uhr wird bei der Wöstenesch-Wassermühle ein Filmteam vor Ort sein und die Mühlentags-Aktivitäten begleiten.